FALL/WINTER 2021/2022 // A NEW SEASON
Die Suche nach den besten Powder Lines ist nicht nur Teil unserer Geschichte, sondern auch ein wesentlicher Bestandteil der EVOC-DNA. Natürlich testen wir auf diesen Entdeckungsreisen die neuesten Produkte, aber vor allem erkennen wir frühzeitig neue Potenziale und wie man Bewährtes noch besser machen kann. Ausserdem sammeln wir unterwegs Eindrücke und Ideen, die wir in den Produktdesigns und Farben unserer neuen Kollektionen zum Ausdruck bringen.
Autor: Holger Feist | Foto: Richard Walch | Video: Alex Wykes & Philipp Herfort
EXPLORE TO RIDE – KAMTSCHATKA
«Als wir nach tagelanger, abenteuerlicher und strapaziöser Anreise endlich vor Ort waren, wurden wir mit Bedingungen konfrontiert, die wir uns so nicht vorgestellt hatten.» Kamtschatka ist eine russische Halbinsel mit schneebedeckten Riesenvulkanen. Sie liegt in der östlichsten Ecke Sibiriens, am Rande der Beringstrasse und ist Teil des «Ring of Fire» – des Vulkangürtels, der den gesamten Pazifik umspannt.
Vor zwanzig Jahren war dieses wilde Land der Bären und rauen Natur bereits das Ziel unserer ersten Winterexpedition. Mitte der Neunziger Jahre hatten wir uns in den Kopf gesetzt, die ersten zu sein, diese Vulkane mit dem Snowboard zu befahren, doch leider dauerte es noch bis zum Jahr 2000, bis wir endlich die nötigen Visa in den Händen hielten, um dorthin reisen zu können.
Was uns dann erwartete, war der wohl extremste Snowboard Trip, den wir bis dahin unternommen hatten und der uns bis an unsere Grenzen brachte.
Diese Winterreise entpuppte sich schnell als seriöse Expedition mit allem was dazugehört: Base Camp mit Zelten im Schnee, aufwändiger Materialtransport mit klapprigen LKWs und uralten Schneemobilen. Dann stundenlange Schneeschuhmärsche auf schier endlosen Vulkanaufschwüngen und anspruchsvoller Steigeisen- und Eispickeleinsatz im steilen Gelände. Und das Ganze bei extremen Wetterbedingungen mit Sturm und grosser Kälte.
Eigentlich war es von Anfang an unmöglich, um diese Jahreszeit auf die Gipfel der Vulkane zu gelangen. Zusätzlich war unsere Ausrüstung auch nicht geeignet, um bei diesen widrigen Bedingungen bestehen zu können. Noch nie hatten wir so gefroren! Der Umgang mit der Ausrüstung bei Schnee und Sturm funktionierte auch nicht richtig, die Rucksäcke waren nicht gut und die Befestigungen für Pickel oder Snowboards hielten nicht richtig. Es war ein permanenter Kampf mit dem Equipment und angesichts der eisigen Kälte wurde das immer mehr zu einem echten Sicherheitsthema.
Wir hatten eigentlich das Ziel, die beiden Vulkane Awatschinski (2751m) und Korjakski (3456m) zu besteigen und zu befahren. Mit grössten Anstrengungen schafften wir es auf den Gipfel des Awatschinski und durften immerhin eine grandiose Abfahrt erleben. Am Korjakski mussten wir dann dreihundert Meter unter dem Gipfel leider umdrehen und abfahren. Sturm und Kälte liessen uns keine andere Wahl, brachte aber eine wichtige Erkenntnis: Auf Reisen und Expeditionen an entlegene Orte der Welt ist es essentiell, sich auf die Ausrüstung verlassen zu können.
Mit den Erfahrungen dieses eindrücklichen Trips und Erfrierungen an Händen und Füssen wieder zu Hause angekommen, stellten sich mir daher zwei Fragen: Erstens, wie müsste die Ausrüstung – speziell die Rucksäcke – optimiert werden, dass sie für solche Reisen und für das Freeriden besser geeignet sind und zweitens, wie komme ich wieder nach Kamtschatka und schaffe es, diese unbeschreiblich guten Abfahrten an diesen riesigen Bergen besser meistern zu können?
Zu dieser Zeit war überhaupt noch nicht abzusehen, dass ich irgendwann mit EVOC mal meine eigene Taschen- und Rucksackfirma haben würde. Und jetzt, 20 Jahre später, bin ich wieder hier. Der Anblick dieser atemberaubenden und so majestätisch erscheinenden Vulkane hat mich einfach nie wieder losgelassen. Und er ist immer noch unbeschreiblich. Genau wie damals...
Wir hatten eigentlich das Ziel, die beiden Vulkane Awatschinski (2751m) und Korjakski (3456m) zu besteigen und zu befahren. Mit grössten Anstrengungen schafften wir es auf den Gipfel des Awatschinski und durften immerhin eine grandiose Abfahrt erleben. Am Korjakski mussten wir dann dreihundert Meter unter dem Gipfel leider umdrehen und abfahren. Sturm und Kälte liessen uns keine andere Wahl, brachte aber eine wichtige Erkenntnis: Auf Reisen und Expeditionen an entlegene Orte der Welt ist es essentiell, sich auf die Ausrüstung verlassen zu können.
Aber anders als damals, ist die Anreise bei weitem nicht mehr so abenteuerlich und dank EVOC haben wir diesmal die richtige Ausrüstung dabei. Zwar sind die Landschaft und die extremen Wetterverhältnisse vor Ort immer noch gleich und auch der Transport findet mit LKWs statt, nur kann dieser mittlerweile automatisch seinen Reifendruck den Schneeverhältnissen anpassen und die Ausrüstung ist in stabilen Transporttaschen, festverzurrt auf dem Dach befestigt. Wir schlafen in Hütten anstatt im Zelt und haben Helikopterunterstützung, um auf die Vulkane zu gelangen.
Somit können wir uns ganz auf die Befahrung der endlos langen Couloirs konzentrieren, die sich von den hohen Gipfeln bis ganz hinunter zum Meer erstrecken. Eine unglaubliche Erfahrung, nach teilweise mehreren tausend Metern Abfahrt, die letzten Schwünge fast auf den Strand zu setzen.
Allerdings haben nun die Themen Sicherheit und das Risikomanagement eine ganz neue Bedeutung bekommen, da wir viel abfahrtsorientierter unterwegs sind als noch vor 20 Jahren. Wie sind die Schneeverhältnisse und können wir die Lawinensituation während der Abfahrt managen? Welche Rinne ist wo am besten befahrbar? Auch hier hat sich unsere Ausrüstung mittlerweile grundlegend geändert und bietet ganz neue Sicherheitsaspekte: Unsere Rucksäcke verfügen inzwischen über Lawinenairbags und integrierte Rückenprotektoren, sind sehr leicht und ergonomisch und in jeder Situation auch mit Handschuhen gut zu bedienen. Auch Boards und Skier lassen sich gut befestigen und bleiben verlässlich in Position. Das ist wichtig für die Hike- und Kletterpassagen zu den Einstiegen der Runs.
Und dieses Mal haben wir auch mehr Glück: Die Bedingungen sind herausragend und wir können Linien fahren, von denen wir vor 20 Jahren nur träumen konnten. Es ist zwar kalt, aber es hat Neuschnee und so gut wie keinen Wind. Und das nutzen wir dieses Mal voll aus! Wir fahren all die Runs, die wir damals nur von fern bewundern konnten. Steile Rinnen, riesige, offene Flanken, kupierte Hänge mit Wechten und Felsen für Cliff-Drops. Es könnte nicht besser sein!
Am letzten Tag stehen wir auf dem Gipfel des 2173m hohen Vilyuchinsky Vulkan und für mich schliesst sich der Kreis: Vor uns breitet sich der Pazifik aus, in dem sich die Abendsonne spiegelt und nördlich, zum Greifen nah, stehen «unsere» beiden Berge der Awatschinski und der Korjakski, auf denen wir damals schon waren.
«Dieses Mal hat einfach alles funktioniert und wir sind mega stoked! Und dass wir heute mit unseren selbstentwickelten Sachen hier sind, macht mich besonders stolz. Das hätte ich mir vor 20 Jahren niemals vorstellen können. Für mich hat sich mit diesem Trip ein Traum erfüllt!»