Lange ist es her, dass wir gemeinsam aufbrachen, um mal wieder eine gemeinsame Skireise zu unternehmen die nicht nur Skifahren beinhaltet, sondern auch unseren Hunger nach Fernweh und neuen Reisezielen stillt. Unsere Wahl fällt auf Georgien, einem Land im Kaukasus, das ungefähr so gross wie Bayern ist.Die Reise beginnt am Flughafen München mit einem Stoppover in Istanbul und endet vorerst in Tiflis, der Hauptstadt von Georgien. Dort übernehmen wir unseren Mietwagen, der eher einem Amphibienfahrzeug gleicht, was aber sehr sinnvoll ist wie sich noch herausstellen wird. Als wir mit viel Mühen 9 Skibags und diverse Taschen mit Kamera Equipment verstaut haben, setze ich mich mitten in der Nacht ans Steuer und wir irren durch die Strassen der Hauptstadt bis wir endlich auf der Georgischen Heerstrasse stossen, welche uns nach Stepanzminda, nahe der russischen Grenze bringen soll. Das Navi gibt zweieinhalb Stunden Fahrt an, was sich aber bald als völlig unrealistisch erweist.
Die Strassen sind bei weitem keine Autobahnen wie bei uns, es schneit wie verrückt und die unzähligen LKWs Richtung Russland und Armenien bildeten endlose Schlangen. Aus geplanten zweieinhalb Stunden werden es letztendlich fünf Stunden, bis wir in einem atemberaubenden Boutique-Design Hotel am Fusse des Kasbek eintreffen. Mit viel Liebe zum Detail und einem atemberaubenden Blick auf den Gletscher des Kasbek und der darunter liegenden Kirche der Dreifaltigkeit ist dieses Hideaway ein wirklicher Juwel und überhaupt nicht die Art von Hotel, welches wir hier erwartet hätten.Von hier starten wir unsere täglichen Touren, die uns hoch hinaus und tief hinein in die Weiten des Kaukasus führen. Neben sehr anspruchsvollen Skitouren und Abfahrten gibt es auch Skitouren-Varianten für Jedermann.
Zum einen gibt es die Skitouren von der Georgischen Heerstrasse in der Nähe des Skigebiets Gudauri, aber auch Skitouren auf den einsamen Berg Deda Endas (3285m), fernab des Touristentrubels. Egal für welche man sich entscheidet – jede Tour für sich ist anders und eindrucksvoll. Natürlich ist man auch in Georgien nicht mehr komplett einsam und abgeschnitten von der Zivilisation, aber die Weiten des Kaukasus sind trotzdem zu spüren. Besonders eindrucksvoll ist es am Fusse des Kasbek, wo die Kirche der Dreifaltigkeit steht. Erhaben und über Stepanzminda thronend – einem der letzten Orte vor der russischen Grenze – strahlt sie eine unheimliche, fast mystische Atmosphäre aus. Als Sandra und ich zur Kirche aufsteigen, erhebt sich der beeindruckende Gletscher des Kasbek, dem Berg wo angeblich Prometheus gefesselt war – bei dem Gedanken läuft uns ein Schauder den Rücken hinunter. Aber nicht aus Angst, sondern aufgrund der Eindrücklichkeit dieses Ortes mit seiner besonderen Atmosphäre – definitiv einer dieser Momente, die man sein Leben lang nicht mehr vergisst.
Der nächste Tag geht genau so beeindruckend weiter. Wir machen uns auf den Weg zum Lomisi Kloster. Das Wetter ist relativ schlecht und ohne den Guide Ludwig und sein GPS wären wir total verloren. Aber Ludwig führt uns bei null Sicht, Schneefall und Nebel souverän hinauf. Völlig eingefroren kommen wir oben am Grat, an einem kleinen Kloster an. Als ob sie es gespürt hätten geht sofort die Tür auf und drei Mönche in schwarzen, dunklen Kutten, langen Bärten und Haaren winken uns grinsend hinein. Drinnen hat es gefühlt 40 Grad und nach einem Glas Chacha, dem hier traditionellen Schnaps, sind wir in Rekordtempo wieder aufgewärmt. Es gibt frisch gebackenes Brot, Gebäck und noch den ein oder anderen Chacha. Wir unterhalten uns mit Händen und Füssen und die Zeit vergeht wie im Flug. Bevor wir ihr Reich wieder verlassen dürfen, geht es noch ins Kloster, um dort einem speziellen Brauch nachzukommen.
Jeder von uns bekommt nacheinander eine dreissig Kilo schwere Eisenkette umgehängt und muss um den Altar laufen und an seine Sünden denken. Hat man sich alle Sünden in Erinnerung gerufen, darf man die schwere Last der Eisenkette abnehmen und fühlt echte «Erleichterung». Sündenfrei und mit leichtem Gemüt können wir uns nun auf den Heimweg machen. Passender könnte der Moment auch nicht sein: in diesem Moment kommt auch noch die Sonne heraus und öffnet die Aussicht bis nach Russland. Mit einem Gefühl der Freiheit und einem weiteren, unvergesslichen Erlebnis im Rucksack machen wir uns auf und geniessen eine lange Abfahrt im goldenen Licht der Abendsonne. Neben den atemberaubenden Landschaften der langgestreckten Bergketten die bis nach Russland reichen, besticht Georgien auch durch eine wunderbare Kultur und seinen freundlichen Einwohnern. Egal wo wir waren, wurden wir zwei junge Frauen sehr warmherzig und mit überwältigender Gastfreundschaft empfangen und mit leckeren Speisen verwöhnt. Dabei noch wenig bekannt und trotzdem hervorragend: der georgische Rotwein! Mit ihrer achttausendjährigen Keltererfahrung gilt die kleine Kaukasusrepublik als eine der Wiegen der Weinkultur. So konnten wir uns nach den anstrengenden Skitagen mit einem gemütlichen Glas Wein für den nächsten Tag stärken. Neben den schier grenzenlosen Skimöglichkeiten bietet Georgien auch eine unglaublich sehenswerte Hauptstadt.
Wir runden unsere Reise mit ein paar Kulturtagen in Tiflis ab, und ziehen in das sehr hippe Hostel «Fabrika» einer ehemaligen sowjetischen Näherei. Hier treffen Moderne und Tradition auf wunderbare Art aufeinander und schaffen eine spannende Atmosphäre wie sie auch in der ganzen Stadt vorherrscht. Wir sind uns oft gar nicht sicher, ob wir nicht gerade in Amsterdam oder Berlin flanieren, so hip geben sich Cafés, Hostels, Restaurants und Bars. Der Puls des Nachtlebens reisst das gesamte Team mit und unsere Skireise findet einen würdigen Abschluss in einer langen Partynacht, bevor es zurück nach Deutschland geht.